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Ratgeber Inkontinenz: Definition, Ursachen, Symptome & Behandlung

Erfahren Sie alles, was Sie über Inkontinenz wissen sollten.

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Die Inkontinenz wird auch heute noch überwiegend als Tabuthema angesehen, was Betroffenen häufig das Gefühl vermittelt, nicht offen über das Thema und über ihre Beschwerden sprechen zu können. Dabei sind in Deutschland zwischen fünf und neun Millionen Menschen von einer Inkontinenz betroffen. Eine hohe Zahl, die verdeutlicht, wie wichtig es ist, die Inkontinenz zu enttabuisieren. Denn nur wenn Betroffene über ihre diesbezüglichen Probleme reden und einen Arzt hinzuziehen, ist eine Diagnosestellung mit anschließender Behandlung möglich – die Voraussetzung für mehr Lebensqualität trotz Inkontinenz. In diesem Ratgeber beleuchten wir die Inkontinenz umfassend und widmen uns den wichtigsten Aspekten rund herum, beginnend bei den verschiedenen Formen der Inkontinenz über die Diagnosestellung bis hin zu den möglichen Behandlungsoptionen.

Kurz und Kompakt
Wer von einer Inkontinenz betroffen ist, erlebt unkontrollierbaren Stuhl- oder Harnverlust und kann die Ausscheidung von Urin oder Stuhl folglich nicht zuverlässig steuern
Übergeordnet wird zwischen Stuhl- und Harninkontinenz unterschieden, wobei sich die Harninkontinenz wiederum in mehrere Formen untergliedern lässt
Die möglichen Ursachen einer Inkontinenz erstrecken sich von Vorerkrankungen und Medikamenten über Schwangerschaft, Geburt und Wechseljahre bis hin zu Übergewicht und altersbedingten Veränderungen des Gewebes
Da sich Inkontinenz besser behandeln lässt, je früher sie erkannt wird, ist es für pflegende Angehörige wichtig, sich über die Symptome zu informieren und erste Anzeichen wahrzunehmen
Die Diagnose einer Inkontinenz wird von einem Arzt gestellt und basiert normalerweise auf einer Anamnese und körperlichen Untersuchungen
Je nach individuellem Beschwerdebild und Form der Inkontinenz kommen verschiedene Behandlungs- und Therapiemöglichkeiten infrage, darunter Verhaltenstherapie, Blasentraining, Medikation und Physiotherapie

Was ist mit Inkontinenz gemeint?

Die meisten Menschen haben den Begriff “Inkontinenz” schon einmal gehört und besitzen eine grobe Vorstellung davon, was damit gemeint ist. Oftmals fehlt jedoch ausreichendes Wissen, um abgrenzen zu können, wann wirklich eine Inkontinenz vorliegt. Eine Person, die ganz einfach überdurchschnittlich häufig zur Toilette muss, ist zum Beispiel nicht inkontinent. Von einer Inkontinenz ist laut Definition nämlich nur dann die Rede, wenn der Betroffene keine Kontrolle mehr über die Ausscheidung von Harn oder Stuhl hat.

Die mangelnde Kontrollierbarkeit von Stuhl- und Harnverlust kommt bei manchen betroffenen Menschen mit einer eingeschränkten Kommunikationsfähigkeit zusammen, was das Problem nochmals deutlich verschärfen kann. Diese Betroffenen haben beispielsweise Schwierigkeiten damit, den Harndrang gegenüber ihren Pflegepersonen zu äußern, und können den Urinabgang nicht so lange verzögern, bis sie zur Toilette gebracht werden.

Harninkontinenz: Welche Formen der Inkontinenz gibt es?

Eine Harninkontinenz bezeichnet eine Inkontinenz der Blase, die zum unwillkürlichen Ausscheiden von Urin führt. Zur Harninkontinenz – umgangssprachlich auch Blasenschwäche genannt – gehören allem voran diese Inkontinenzformen:

Innhaltsverzeichnis

Dranginkontinenz

Eine sogenannte Dranginkontinenz äußert sich durch einen plötzlich aufkommenden und sehr stark ausfallenden Harndrang. Bei der Dranginkontinenz ist der verspürte Druck im Bereich der Harnblase nicht zwingend an den Füllstand der Blase gekoppelt. Sprich: Der Harndrang tritt bei dieser Art der Harninkontinenz unkontrolliert auf, obwohl die Blase womöglich noch fast leer ist. Dabei ist er oftmals so heftig, dass es zu ungewolltem Harnverlust kommt, bevor die Betroffenen eine Toilette aufsuchen können.

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Belastungsinkontinenz

Die Belastungsinkontinenz, die auch unter dem Begriff Stressinkontinenz bekannt ist, ist die häufigste Form der Inkontinenz und wird bei rund 40 % der Menschen mit Inkontinenz-Beschwerden festgestellt. Anders als die Dranginkontinenz geht die Stressinkontinenz nicht mit starkem Harndrang einher. Im Gegenteil: Betroffene verspüren meist überhaupt keinen Druck auf der Blase. Trotzdem kommt es zu Harnverlust, und zwar in Zusammenhang mit bestimmten körperlichen Aktivitäten und Anstrengungen, wie etwa beim Treppensteigen, Niesen oder Anheben schwerer Gegenstände. Manchmal genügt schon ein Lachen, um den ungewollten Harnabgang auszulösen.

Wissenswert: Die Belastungsinkontinenz hängt mit der Beckenbodenmuskulatur zusammen. Sie betrifft besonders viele Frauen, und zwar allem voran bei ausgeprägtem Übergewicht oder nach Schwangerschaft und Geburt.

Mischinkontinenz

Auch die Mischinkontinenz kommt häufiger bei Frauen als bei Männern vor. Sie zeichnet sich durch eine Kombination der “Blasenprobleme” und Symptome von Belastungs- und Dranginkontinenz aus. Betroffene erleben bei dieser Form der Harninkontinenz also sowohl plötzlich aufkommenden, starken Harndrang als auch unwillkürlichen Harnverlust bei körperlicher Belastung.

Überlaufinkontinenz

Unter der Überlaufinkontinenz leiden überwiegend Männer, da diese zumeist auf eine Vergrößerung der Prostata und eine Verengung der Harnröhre zurückzuführen ist. Aufgrund dieses Umstandes entleert sich die Blase beim Gang zur Toilette nicht vollständig, wodurch laufend Harndrang wahrgenommen wird.

Wissenswert: Tumore oder Blasensteine können die Harnröhre ebenfalls blockieren, weshalb die Überlaufinkontinenz nicht ausschließlich bei Männern vorkommt, sondern seltener auch bei Frauen diagnostiziert wird.

Reflexinkontinenz

Bei der Reflexinkontinenz hat der Verlust von Harn nichts mit der Blasenfunktion an sich zu tun. Der Auslöser sitzt hierbei stattdessen im Gehirn beziehungsweise im Nervensystem: Nervenreflexe und Zuckungen, die sich der Kontrolle des Menschen mit Inkontinenz entziehen, sind bei der Reflexinkontinenz für den Urinverlust verantwortlich.

Stuhlinkontinenz in der Definition

Im Gegensatz zur Harninkontinenz bezieht sich die Stuhlinkontinenz – wie ihr Name nahelegt – nicht auf den Urin, sondern auf den Stuhl. Betroffene erleben den ungewollten Verlust von Darminhalt, weshalb diese Form der Inkontinenz auch als Darminkontinenz bezeichnet wird. Genau wie bei der Harninkontinenz gilt auch hier: Je nach genauer Ausprägung bemerken manche Betroffene Stuhldrang, gelangen aber nicht früh genug zum WC, während andere keinen Stuhldrang verspüren und nicht in der Lage dazu sind, die Entleerung des Darms kontrolliert zu steuern.

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Ursachen: Wo liegen die Gründe und Risikofaktoren für eine Inkontinenz?

Stuhl- und Harninkontinenz kann ganz verschiedene Ursachen haben, die im Einzelfall final nur von einem Arzt ergründet werden können. Im Folgenden geben wir einen Überblick über die besonders häufig beobachteten Ursachen von Inkontinenz bei Frauen und Männern:

Erkrankungen als Ursache der Inkontinenz

Tritt im Verlauf des Lebens eine Inkontinenz auf, ist diese in vielen Fällen “nur” ein Symptom, das eine andere vorhandene Erkrankung begleitet. So sind zum Beispiel Erkrankungen, welche die Blase, den Harntrakt oder den Magen-Darm-Trakt betreffen, und Krankheiten, die sich auf die Übertragung der Nervenimpulse auswirken, ursächlich für einige Formen der Inkontinenz. Als Ursachen der Inkontinenz sind mitunter diese Erkrankungen geläufig:

  • Harnwegsentzündungen

  • Blasensteine

  • Verengung der Harnröhre

  • Vergrößerung der Prostata

  • Parkinson

  • Multiple Sklerose

  • Schlaganfälle

  • Querschnittslähmungen

  • (Alzheimer-)Demenz

  • Diabetes mellitus

  • Reizdarm-Syndrom

Inkontinenz durch die Einnahme von Medikamenten

Nicht selten lässt sich die Inkontinenz beim Arztbesuch mit einem bestimmten Medikament, das der Betroffene aufgrund anderer gesundheitlicher Beschwerden einnimmt, in Verbindung bringen. Schließlich können manche Medikamente die Blase reizen oder die Menge an Flüssigkeit, die der Körper ausscheidet, beeinflussen. Sucht der Arzt nach Ursachen für eine Inkontinenz, wird er besonders oft bei diesen Medikamenten fündig:

  • Cholinesterase-Hemmer

  • ACE-Hemmer

  • Diuretika

  • Betarezeptorenblocker

Wissenswert: Besteht der Verdacht darauf, dass ein Medikament die Stuhl- oder Harninkontinenz (Blasenschwäche) verursacht, sollte unbedingt der behandelnde Arzt aufgesucht werden. Dieser kann das Problem der Inkontinenz gegebenenfalls im Laufe der weiteren Behandlung berücksichtigen und unter Umständen Anpassungen im Hinblick auf die Medikation treffen.

Übergewicht und Inkontinenz

Zu den möglichen Ursachen der Inkontinenz zählt auch Übergewicht. Frauen und Männer, die deutlich zu viel Gewicht mitbringen, erkranken zum einen häufiger an Diabetes, was dann wiederum die Inkontinenz begünstigst. Zum anderen herrscht durch das Mehr an Gewicht aber auch ein erhöhter Druck auf die Blase, welchem die Blasenmuskulatur manchmal nicht standhalten kann. Die Folge ist unkontrollierter Harnabgang.

Inkontinenz im Alter

Auch wenn längst nicht alle Betroffenen von Inkontinenz ein höheres Alter aufweisen, steigt der Anteil der Inkontinenz-Patienten mit dem Alter. Schätzungen zufolge betrifft die Harninkontinenz etwa 40 % der Deutschen über 70 – doch woran liegt das? Zuerst ist die abnehmende Gewebeelastizität unter den Ursachen für Inkontinenz im Alter zu nennen. Beckenbodenmuskulatur und Blasenmuskulatur erschlaffen nämlich mit zunehmendem Alter, was im Grunde dem ganz “normalen” Alterungsprozess geschuldet ist. Gleichzeitig senkt sich der Beckenboden, während sich die Körperöffnungen aufdehnen und einst tadellos funktionierende Verschlussmechanismen in Mitleidenschaft gezogen werden. Dies begünstigt natürlich den nicht steuerbaren Stuhl- und Urinverlust durch die unkontrollierte Darm- oder Blasenentleerung.

Hinzu kommt, dass viele der Krankheiten, bei denen Inkontinenz zu den bekannten “Begleiterscheinungen” gehört, insbesondere Menschen im fortgeschrittenen Alter betreffen. Berücksichtigt man zusätzlich die oftmals eingeschränkte Mobilität, die Vielzahl an Medikamenten, die viele ältere Menschen einnehmen müssen, und gegebenenfalls vorliegende kognitive Einschränkungen, wird nachvollziehbar, warum Inkontinenz im Alter ein so großes Thema ist.

Schwangerschaft, Geburt und Wechseljahre - Ursachen für die Inkontinenz bei Frauen

Zu den Ursachen für Inkontinenz, die speziell Frauen betreffen, gehören Schwangerschaft und Geburt sowie die Wechseljahre. Durch die Belastungen, die Bauchraum und Beckenbodenmuskulatur der Frau in der Schwangerschaft und während der Entbindung erfahren, kommt es häufig zu Harninkontinenzen, welche in den meisten Fällen binnen des ersten Jahres nach der Geburt wieder verschwinden. Bei Frauen in den Wechseljahren entsteht die Inkontinenz hingegen aufgrund der hormonellen Veränderungen im Körper.

Prostatektomie - Ursachen für die Inkontinenz bei Männern

Männer erleben die Inkontinenz, wie bereits geschildert, oft verursacht durch eine Prostatavergrößerung. Wird die Prostata entfernt (Prostatektomie), ist diese Operation üblicherweise mit einer teilweisen Entfernung von Harnröhre und Schließmuskel der Harnblase verknüpft. In der Folge beobachten Männer in den Wochen und Monaten nach der OP eine Harninkontinenz, die im Verlauf der Zeit wieder abnimmt.

Psychische Ursachen für Inkontinenz

Häufig vernachlässigt und doch relevant: die psychischen Ursachen für Inkontinenz. Psychische Belastungen, zum Beispiel aufgrund von dauerhaftem Stress im Alltag, beeinflussen das Nervensystem und erhöhen somit das Risiko, dass sich eine Stuhl- oder Harninkontinenz entwickelt.

Wissenswert: Psychischer Stress gilt auch als ein Faktor, der eine bereits vorliegende Inkontinenz verschlimmern kann.

Anzeichen: Die Symptome der Inkontinenz erkennen

Inkontinenz ist eine Thematik, für die sich Betroffene oftmals schämen, weshalb sie von sich aus nicht mit ihnen nahestehenden Personen darüber sprechen möchten. Umso wichtiger ist es für Angehörige, die Symptome der Inkontinenz zu kennen, um erste Anzeichen möglichst früh wahrnehmen und richtig einordnen zu können. Wenn Sie vermuten, dass Ihr Angehöriger von Inkontinenz betroffen sein könnte, können Ihnen diese Anzeichen als Hinweis dienen:

  • Geruch: Das häusliche Umfeld oder die Klamotten der Person riechen nach Stuhl oder Urin

  • Verschmutzungen: Auf der Kleidung, auf Polstermöbeln oder auf der Bettwäsche der Person sind Spuren von Stuhl oder Urin zu finden

  • Verhalten: Der vermeintlich Betroffene tendiert dazu, sich sozial zu isolieren, zieht sich zurück, verweigert Ausflüge, trinkt auffallend wenig oder zieht sich überdurchschnittlich häufig um

  • Toilettengänge: Die Person sucht auffallend oft die Toilette auf oder wird unruhig, wenn kein WC in der Nähe ist

  • Hilfsmittel: Bei der Person sind Materialien zu finden, die typischerweise bei Inkontinenz verwendet werden (z.B. Einlagen oder Binden)

Natürlich gibt es leichteres, als ein solch sensibles Thema wie die Inkontinenz offen anzusprechen. Dennoch ist dringend dazu zuraten, das Gespräch zu suchen, wenn Sie eine vorliegende Inkontinenz bei einer Ihnen nahestehenden Person vermuten. Machen Sie den ersten Schritt und ermutigen Sie Ihren Angehörigen dazu, sich in puncto Inkontinenz von einem Arzt beraten zu lassen. Das ist der erste Schritt auf dem Weg zu einem weniger eingeschränkten, angenehmeren Leben mit Inkontinenz.

Folgen der Inkontinenz

Der Stuhl- oder Harnverlust bei einer Inkontinenz kann mit unangenehmen Folgen für betroffene Personen einhergehen. Das gilt insbesondere dann, wenn die Inkontinenz nicht ärztlich abgeklärt wird. Denn ohne Diagnose und Kenntnis über die genaue Form der Inkontinenz, können die im jeweiligen Fall optimal passenden Behandlungs- und Therapiemaßnahmen sowie Maßnahmen zur Pflege nicht ergriffen werden. Doch bevor wir auf den Ablauf der Diagnostik zu sprechen kommen, möchten wir in aller Kürze über die gängigsten Folgen und Begleiterscheinungen der Inkontinenz aufklären.

Sehr verbreitet sind Hautschäden, die infolge der Inkontinenz entstehen und sowohl bei Stuhl- als auch bei Harninkontinenz auftreten können. Harn und Stuhl können Rötungen und Irritationen auf der Haut hervorrufen sowie Entzündungen begünstigen. Durch Inkontinenz hervorgerufene Schädigungen der Haut werden unter dem Kürzel IAD (Inkontinenz-assoziierte Dermatitis) geführt. Von Inkontinenz betroffene Frauen und Männer, die bettlägerig sind, haben zudem ein erhöhtes Risiko des Wundliegens (Dekubitus) im Intimbereich. Nicht zuletzt kann es zusätzlich zu bakteriellen Infektionen und Pilzbefällen der Haut kommen, da die durch den häufigen Kontakt zu Harn und Stuhl geschädigte Haut eine besonders hohe Anfälligkeit hierfür aufweist. Diese möglichen Folgen zeigen auf, dass eine korrekte Pflege und eine erhöhte Aufmerksamkeit in Bezug auf den Zustand der Haut bei Patienten mit Stuhl- oder Harninkontinenz unerlässlich ist.

Wissenswert

Neben IAD und Dekubitus sind Harnwegsinfektionen eine häufig beobachtete Folge der Harninkontinenz.

Diagnostik: Wie wird eine Inkontinenz diagnostiziert?

Die Diagnostik kann bei einer Inkontinenz ausschließlich durch einen Arzt, gegebenenfalls unterstützt durch eine Kontinenzfachkraft, erfolgen. Sie ist eine äußerst wichtige Maßnahme, denn die ideale Behandlung kann nur auf Grundlage einer korrekten Diagnose in die Wege geleitet werden.

Anamnese als Grundlage der Diagnostik

Der Arzt wird für gewöhnlich zuallererst eine ausführliche Anamnese durchführen. Dies geschieht im Gespräch mit dem Betroffenen, wobei es sinnvoll sein kann, wenn Pflegepersonen, denen die Situation bekannt ist, anwesend sind. Im Zuge der Anamnese wird der Arzt mitunter diese Aspekte ansprechen:

  • Beschwerdebild: Wie äußert sich die Inkontinenz und seit wann werden die Symptome beobachtet?

  • Vorerkrankungen: Gibt es Vorerkrankungen, die eventuell in Zusammenhang mit der Inkontinenz stehen?

  • Medikation: Welche Medikamente nimmt der Patient aktuell ein?

  • Kognitiver Zustand: Gibt es kognitive Einschränkungen, die den unkontrollierbaren Stuhl- oder Urinverlust begünstigen könnten?

  • Mobilität: Liegen Einschränkungen in der Mobilität vor?

  • Umgebungsreize: Wurde beobachtet, dass sich Umgebungsreize (z.B. Farben oder Licht) auf die Kontinenz auswirken?

  • Trinkverhalten: Wie regelmäßig nimmt der Patient Flüssigkeit zu sich und wie viel trinkt er?

  • Toilettengänge: Wie oft muss der Patient die Toilette aufsuchen, um Urin oder Stuhl abzusetzen?

  • Leidensdruck: Welche Aspekte der Inkontinenz belasten den Betroffenen und inwiefern leidet er unter dem unkontrollierten Stuhl- oder Harnabgang?

  • Therapieansätze: Wurden in der Vergangenheit bereits Therapien zur Behandlung der Inkontinenz ausprobiert? Falls ja: Konnten damit Verbesserungen erzielt werden?

  • Hilfsmittel: Verwendet der Patient derzeit bereits Hilfsmittel im Umgang mit seiner Inkontinenz?

All diese Informationen helfen dem Arzt oder der Ärztin dabei, die Sachlage fundiert einzuschätzen. Daher ist es unerlässlich, ehrliche Angaben zu machen und die Fakten nicht aufgrund von Scham oder Unsicherheit zu verfälschen.

Miktionsprotokoll

Sofern nicht bereits in Vorbereitung auf den Arzttermin geschehen, bittet der Arzt den Betroffenen womöglich, ein sogenanntes Miktionsprotokoll zu führen. Dabei handelt es sich um ein Dokument, in dem der Patient notiert, wann er trinkt und zur Toilette geht. Unter Umständen werden zusätzlich die grobe Harnmenge pro Toilettengang, die Intensität des Harndrangs und die Häufigkeit eines notwendigen Wechsels von Hygieneprodukten im Zusammenhang mit der Inkontinenz aufgeschrieben.

Das Protokoll gibt dem Arzt einen genaueren Einblick in die Situation, in der sich der Patient befindet, und kann das Stellen der korrekten Diagnose unterstützen. Dennoch: Ein Miktionsprotokoll ist nicht in ausnahmslos jedem Fall die Voraussetzung für eine Diagnose. Es schadet aber natürlich trotzdem nicht, bereits vor dem ersten Termin mit dem Führen eines solchen Protokolls zu beginnen.

Wissenswert: Normalerweise sollte das Miktionsprotokoll bei Verdacht auf Harninkontinenz über mindestens drei Tage hinweg geführt werden. Geht es um die Diagnose einer Stuhlinkontinenz, wird das Führen des Protokolls für die Dauer einer ganzen Woche empfohlen.

Untersuchungen bei Verdacht auf Inkontinenz

Zur Diagnosestellung gehört zusätzlich eine körperliche Untersuchung, die sich je nach individuellen Gegebenheiten aus unterschiedlichen Komponenten zusammensetzt. Welche Untersuchungen im Einzelne nötig und sinnvoll sind, entscheidet der Arzt basierend auf der Anamnese, der beschriebenen Symptomatik und der Vorgeschichte des Patienten.

Infrage kommt zum einen die Hautinspektion, in deren Rahmen sich der Arzt die äußeren Geschlechtsorgane und den Bauch des Patienten ansieht. Hierbei achtet er insbesondere auf mögliche Verletzungen, die als Ursachen für die Inkontinenz berücksichtigt werden müssen, aber auch auf Anzeichen für Entzündungen, Hautirritationen oder Veränderungen der Schleimhäute. Zum anderen wird oftmals die Untersuchung des Urins veranlasst. Diesbezüglich sind Spuren von Blut im Urin, der pH-Wert sowie vorhandene Bakterien und Eiweiße relevant. Damit lässt sich beispielsweise ermitteln, ob ein Harnwegsinfekt vorliegt, der den Harnverlust verursachen könnte.

Um eine Belastungsinkontinenz zu bestätigen oder auszuschließen, kann ein Verfahren angewandt werden, das umgangssprachlich unter dem Namen “Husten-Test” bekannt ist. Der Patient wird hierbei bei halb gefüllter Blase gebeten, zu husten oder eine andere Form der körperlichen Belastung auf sich zu nehmen. Dann wird beobachtet, ob es dabei zu Urinverlust kommt. Zusätzlich können bildgebende Verfahren eingesetzt werden, um zu prüfen, ob nach dem Urinieren noch Harn in der Blase zurückbleibt und um welche Harnmenge es sich dabei handelt.

Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, eine urodynamische Untersuchung vorzunehmen. Dazu gehören Messungen, die die Aktivität der Beckenbodenmuskulatur sowie den Blasendruck aufzeigen. Diese Messungen ermöglichen eine genauere Einordnung des Grades der Harninkontinenz, wodurch im Anschluss ideal passende Therapiemöglichkeiten ausgemacht werden können.

Im Normalfall widmet sich der Arzt zusätzlich dem mentalen und körperlichen Allgemeinzustand des Patienten und schätzt dessen Leistungsfähigkeit ein. Immerhin entscheiden auch diese Komponenten mit darüber, welche Formen der Therapie sinnvoll eingesetzt und vom Patienten mitgetragen werden können.

Behandlung der Inkontinenz: Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?

Sobald die Diagnose steht und eine Inkontinenz festgestellt sowie genauer – zum Beispiel als Dranginkontinenz oder Belastungsinkontinenz – definiert wurde, richtet sich der Fokus darauf, geeignete Therapiemaßnahmen auszumachen. Denn: Oftmals ist es mittels einer adäquaten Behandlung durchaus möglich, die Symptomatik einer Blasenschwäche oder Stuhlinkontinenz zu verbessern, die Beschwerden zu lindern oder das Problem in manchen Fällen sogar gänzlich aus der Welt zu schaffen.

Grundsätzlich stehen dabei zahlreiche Therapieformen zur Verfügung, die je nach individueller Sachlage als mehr oder weniger erfolgsversprechend einzustufen sind. Auf einige der meistergriffenen Maßnahmen bei Inkontinenz möchten wir nachfolgend einen genaueren Blick werfen:

Blasen- und Toilettentraining zur Verbesserung der Beschwerden bei Inkontinenz

Ein deutlich zu häufiges oder zu seltenes Absetzen von Urin kann die Harninkontinenz begünstigen und verstärken. Schließlich schwächt die ständige Überdehnung bei laufend prall gefüllter Blase die Beckenbodenmuskulatur, während sich die Blase bei übertrieben häufigen Toilettengängen an einen sehr geringen Füllstand gewöhnt. Hier setzt das Training für die Blase an: Betroffene dürfen ihre Blase mithilfe des Trainings auf immer längere Abstände zwischen den Toilettengängen vorbereiten oder aber lernen, Harndrang frühzeitiger zu erkennen, um eine Blasen-Überdehnung zu vermeiden.

Das Toilettentraining ist vor allem für Patienten hilfreich, die sich schwer damit tun, regelmäßig und rechtzeitig ein WC aufzusuchen. Sie werden klassischerweise mit einem zuvor aufgestellten Toilettenplan dazu motiviert, Blase und Darm in regelmäßigen Abständen zu entleeren. Dabei können und sollten sie gegebenenfalls von Angehörigen sowie Betreuungs- und Pflegepersonen unterstützt werden, die sie beispielsweise mehrmals am Tag an den aufgestellten Plan und somit an den nächsten Toilettengang erinnern.

Wissenswert: Falls sinnvoll, können bestimmte Hilfsmittel, wie etwa Urinschiffchen, Sitzerhöhungen für das WC oder Toilettenstühle, das Toilettentraining erleichtern.

Beckenbodentraining und Physiotherapie

Ist die Inkontinenz auf einen schwachen Beckenboden oder Schließmuskel zurückzuführen, bietet sich die Physiotherapie an. Ein Physiotherapeut zeigt dem Patienten bestimmte Übungen, die dieser in seinen Alltag integrieren und nutzen kann, um die gefragten Muskelpartien zu kräftigen. Frauen nach der Geburt sind das beste Beispiel für Inkontinenz-Patienten, die in hohem Maße von korrektem Beckenbodentraining profitieren können. Durch die Kräftigung der erschlafften Muskulatur lässt sich der Harnverlust in vielen Fällen nachhaltig deutlich reduzieren – nicht selten verschwindet die Inkontinenz bei konsequentem Training sogar ganz.

Verhaltenstherapie

Manchmal sind die Ursachen für die Inkontinenz zumindest anteilig im Alltag und Verhalten des Betroffenen zu finden. Da bekannt ist, dass sich ein gesunder Lebensstil positiv auf die Beschwerden bei Inkontinenz auswirken kann, spricht vieles dafür, hier anzusetzen und – oft ergänzend zu anderen therapeutischen Maßnahmen – eine Verhaltenstherapie zu beginnen. Diese Therapie zielt auf die Etablierung neuer, gesünderer Gewohnheiten im Leben des Patienten ab. So kann im Rahmen der Verhaltenstherapie zum Beispiel erörtert werden, wie es dem Patienten gelingt, mehr zu trinken, auf Alkohol und Nikotin zu verzichten, sich täglich ausreichend zu bewegen oder sich zuverlässiger an Trainingspläne zu halten.

Medikamentöse Behandlung der Inkontinenz

Grundsätzlich kommen zur Behandlung der Inkontinenz auch Medikamente infrage. Liegt eine Harninkontinenz – egal ob Stress- oder Dranginkontinenz – vor, wird gerne der Wirkstoff Desmopressin eingesetzt. Dieser reguliert übermäßigen Durst und reduziert den Harndrang. Alternativ werden Belastungsinkontinenzen mit Duloxetin behandelt – ein Mittel, welches den Schließmuskel der Harnröhre in seiner Funktion unterstützt. Leidet der Patient an einer Dranginkontinenz, werden ihm gegebenenfalls Anticholinergika verordnet. Diese können zur Wiederherstellung einer normalen Funktion der Blase beitragen, können sich aber auch negativ auf die Wahrnehmung des Patienten auswirken, weshalb sie älteren Personen mit Inkontinenz nicht leichtfertig gegeben werden sollten.

Während alle zuvor genannten Medikamente bei Blasenschwäche und Harninkontinenz herangezogen werden, greift man bei Stuhlinkontinenz vorrangig zu Mitteln mit dem Wirkstoff Loperamid. Dieser verdickt den Stuhl und hemmt die Darmbewegungen.

Operative Eingriffe bei Inkontinenz

Operative Eingriffe werden bei einer Inkontinenz nur in besonders schwerwiegenden Fällen und bei passenden Umständen vorgenommen. Möglich ist hier zum Beispiel der Einsatz eines künstlichen Schließmuskels.

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Alltag mit Inkontinenz: Unbeschwert leben trotz Inkontinenz

Abschließend möchten wir noch einmal betonen, dass die Inkontinenz nicht dauerhaft zu gravierenden Einschränkungen im Leben führen muss. Oftmals ist es für Betroffene mithilfe einer angemessenen Behandlung und den richtigen Hilfsmitteln gut möglich, ihren Alltag flexibel zu gestalten und ihr Leben in vollen Zügen zu genießen. Männer und Frauen mit Inkontinenz sollten sich also nicht davor scheuen, Beratung und Hilfe (zur Selbsthilfe) in Anspruch zu nehmen, und sich im Klaren darüber sein, dass trotz Inkontinenz eine hohe Lebensqualität erhalten bleiben kann.

Fragen & Antworten zur Inkontinenz

Abschließend möchten wir kurz und knapp Antworten auf die Fragen, die am häufigsten zu Inkontinenz gestellt werden, geben:

Von einer Inkontinenz wird dann gesprochen, wenn Patienten den Stuhl- oder Urinverlust nicht kontrollieren können. Bei einer mangelnden Fähigkeit zur Harnverlust-Steuerung liegt eine Harninkontinenz vor, während beim unkontrollierten Abgang von Stuhl die Rede von einer Stuhlinkontinenz ist.

Die Harninkontinenz lässt sich weiterführend in diese Formen unterteilen:

  • Belastungsinkontinenz: Harnverlust bei körperlicher Belastung

  • Dranginkontinenz: Plötzlich auftretender, starker Harndrang

  • Mischinkontinenz: Kombination aus Belastungs- und Dranginkontinenz

  • Überlaufinkontinenz: Unvollständige Entleerung der Blase führt zu ständigem Harndrang

  • Reflexinkontinenz: Harnverlust durch Nervenreflexe und Zuckungen

Daneben gibt es die Stuhlinkontinenz. Diese Form der Inkontinenz wird ebenfalls danach unterschieden, ob der Stuhldrang bemerkt wird, aber so unvermittelt und stark auftritt, dass der Patient es nicht rechtzeitig zum WC schafft, oder ob der Patient den Stuhlverlust nicht bewusst wahrnehmen kann.

Die Ursachen für Inkontinenz sind vielfältig. Zu ihnen zählen bestimmte Vorerkrankungen (z.B. Multiple Sklerose, Diabetes und Harnwegsinfekte), Medikamente (z.B. zur Behandlung von Demenz), Übergewicht und die altersbedingte Erschlaffung von Gewebe. Frauen leiden zudem häufig während der Schwangerschaft, nach der Geburt und in den Wechseljahren unter Inkontinenz. Bei Männern kommt es hingegen insbesondere bei Prostatavergrößerungen oder infolge einer Prostatektomie zur Inkontinenz.

Im ersten Schritt sollten Menschen, die vermuten, dass bei ihnen eine Inkontinenz vorliegt, einen Arzt aufsuchen, um eine Diagnose zu erhalten. Auf Basis der Diagnose und abhängig von der genauen Form der Inkontinenz eröffnen sich dann verschiedene Behandlungs- und Therapieoptionen, beispielsweise Beckenbodentraining, Verhaltenstherapie oder die Einnahme von Medikamenten.

Zur Inkontinenzversorgung und korrekten Pflege bei Frauen und Männern mit Inkontinenz kommen je nach individuellen Umständen und Beschwerdebild unterschiedliche Inkontinenz-Materialien zum Einsatz. Das können zum Beispiel Inkontinenzeinlagen und -unterhosen oder Bettschutzeinlagen sein.

Je nachdem, welche Ursachen der Inkontinenz zugrunde liegen und um welche Form es sich handelt, sind unterschiedliche ärztliche Ansprechpartner zuständig. Grundsätzlich kümmern sich Ärzte der Urologie, Gynäkologie, Geriatrie, Neurologie oder Proktologie um Inkontinenz-Patienten.

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